"Gott hasst heterosexuelle Menschen!" Gedanken und Aspekte zum Thema "Toleranz" und "Normalität"

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"Gott hasst heterosexuelle Menschen!" Gedanken und Aspekte zum Thema "Toleranz" und "Normalität"

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Essays · Samstag 04 Nov 2023
"Gott hasst heterosexuelle Menschen!": Gedanken und Aspekte zum Thema "Toleranz" und "Normalität"

Stell' dir eine Welt vor, in der Homosexualität die Norm ist und in der heterosexuelle Menschen eine Minderheit sind. In dieser vorzustellenden Welt ist es eine Sünde, heterosexuell zu sein. In dieser Welt predigt die Kirche: "Gott hasst heterosexuelle Menschen!", denn schließlich steht dies in irgendeinem religiösen Buch.

In dem hier verlinkten Video (Link, hier) geht es um die Teenagerin "Ashley".

Ashley hat zwei Mütter als Eltern. Sie hat eine schöne Kindheit. Doch als Teenagerin erlebt sie sich zunehmend als heterosexuell und verliebt sich in einen Jungen.

Ashley wird daraufhin sowohl von ihren Eltern als auch von ihrem Lehrer ermahnt, von ihren Freunden und Freundinnen abgelehnt und sogar auf heftige Weise gemobbt.

Die Verzweiflung in Ashley wird zum Schluss so groß, dass sie den Druck nicht mehr aushalten kann und sich suizidert (sie nimmt sich das Leben).

Dieses Video dreht die Sichtweise genau um 180° um: Nicht Homosexualität ist das Problem, sondern Heterosexualität.

Wir müssen nicht ausschließlich über das Thema "Toleranz gegenüber homosexuellen Menschen" sprechen.

Es geht vielmehr um Toleranz im Allgemeinen.

Für mich bedeutet Toleranz, einen Menschen in Ruhe und dessen Meinung und Lebensweise stehen lassen zu können, auch wenn ich anderer Meinung bin, eine andere Sichtweise habe und mein Leben anders lebe.

Das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - vereinfacht auch Antidiskriminierungsgesetz genannt - wurde 2006 verabschiedet, um Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern und zu beseitigen.

Was bedeutet eigentlich "diskriminieren"?

Jemanden zu diskriminieren bedeutet:

1. durch [unzutreffende] Äußerungen, Behauptungen in der Öffentlichkeit jemandes Ansehen, Ruf schaden; jemanden oder etwas herabwürdigen

2. (durch unterschiedliche Behandlung) benachteiligen, zurücksetzen; (durch Nähren von Vorurteilen) verächtlich machen

Beispiel:

"jemanden aufgrund seines Sexualverhaltens diskriminieren"

Ein schwerwiegender Fall von Diskriminierung ist Rassismus.

So schreibt Wikipedia zum Thema "Rassismus" (Zitat):

"Rassisten und Rassenideologen betrachten Menschen, die ihren eigenen Merkmalen möglichst ähnlich sind, meist als höherwertig, während alle anderen (oftmals abgestuft) als geringerwertig betrachtet werden (Chauvinismus). Dieser hierarchischen Herabsetzung geht eine oft penible Zuordnung von Menschen zu Gruppen voraus (Diskriminierung), wobei Misch- und Mehrfachidentitäten sowie Gruppenübertritte als schwerwiegende Problemfälle begriffen werden. Oft möchten Rassenideologen einen normalen Verkehr der Gruppen untereinander erschweren (Segregation) und dabei insbesondere die Vermischung durch familiäre Verbindungen und Zeugung von Nachkommenschaft verhindern."

Zitat Ende.

Aber auch im Bereich der Religionen gibt es starke Diskriminierungstendenzen.

Es gilt - und das wäre wichtig für die Zukunft von uns Menschen - dass wir Toleranz einüben.

Wie kann es gelingen, tolerant zu werden?

Zunächst geht es darum, genügend Selbstliebe und Selbstachtung zu gewinnen. Die Selbstpflege und das Bild von mir selbst sind dabei entscheidend, denn ich lehne immer (!) das am anderen Menschen ab, was ich an mir selbst noch nicht zu lieben und zu akzeptieren gelernt habe.

Zum zweiten geht es darum, soziale Kompetenz zu erlernen.

Soziale Kompetenz bedeutet, in allen in Frage kommenden sozialen Interaktionen angemessen zu agieren.

Wir unterscheiden dabei drei Gruppen von sozialen Interaktionen:

a) mein Recht durchsetzen.
b) die gleichrangige Beziehung leben unter Kollegen, Freunden und Familienangehörigen bzw. mit dem Partner/der Partnerin.
c) um Sympathie werben bei höher gestellten Menschen z. B. beim Chef in Bezug auf die Gehaltsverhandlung.

Zum dritten ist es wichtig sich selbst zu verdeutlichen und klarzumachen, dass es den (!) normalen Menschen nicht gibt.

Normalität und der Begriff „normal“ leiten sich ab von lat. „norma“ und meinen im Deutschen: "Richtschnur, Maßstab, Regel, Vorschrift".
    
Es gibt DIN-Normen.

Eine Norm ist so etwas wie ein Durchschnitt, an dem wir uns orientieren können. Der Begriff „enorm“ meint in diesem Zusammenhang „außerhalb“ der Norm.

    
Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass es normal oder unnormal unter uns Menschen nicht (!) gibt. Ein Mensch ist ein unverwechselbares Individuum. Es gibt denselben Menschen nirgends auf der Welt. Jeder Mensch ist einzigartig.
    
Bei der Frage, ob eine Persönlichkeit normal ist, sollen folgende Fragen unterstützen:
    
    
Bin ich normal...
    
    
   ·bei Bindungsunfähigkeit?
    
   ·bei einem bestimmten Fetischismus?
    
   ·bei aggressivem Verhalten (verbal oder physisch)?
    
   ·bei sozialer Phobie?
    
   ·bei erhöhter Internetpräsenz?
    
   ·bei einem bestimmten Essverhalten?
    
   ·bei einem bestimmten Tages-und Nachtrhythmus?
    
   ·bei einer bestimmten Unsicherheit?
    
   ·bei einer bestimmten Unfähigkeit, sich zu freuen oder bei fehlendem Sinn für Humor?
    
   ·bei zu wenig oder zu viel gelebtem Sex?
    
   ·bei einer bestimmten Form des "Aberglaubens"?
    
   ·bei einer übertriebenen Form "Gesundheitsbewusstseins“?
    
   ·wenn man keine oder nur wenig Freunde hat?
    
   ·wenn man mit 30 noch im Elternhaus wohnt?
    
   ·wenn man den vollen Mülleimer nach zwei Tagen immer noch nicht ausgeleert hat?
    
   ·wenn ich regelmäßig morgens nicht aufstehen kann?
    
   ·wenn ich ständig nur kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse habe?
    
   ·wenn es einem schwer fällt "Nein" sagen zu können?
    
   ·wenn ich mit 56 eine/n 20-jährige/n Partner/in suche?
    
   ·wenn ich nicht kritikfähig bin?
    
   ·wenn ich als Deutscher 1993 geboren bin und nicht englisch sprechen kann?
    
   ·wenn ich jede Woche mehr als drei Flaschen Bier oder Wein trinke?
    
   ·wenn ich ständig lachen muss und keine Trauer zulassen kann?
    
   ·wenn ich Perfektionist sein will?
    
   ·wenn ich permanent nach Erfolg strebe?
    
   ·wenn ich dauernd jemandem helfen möchte?
    
   ·wenn ich dieselbe Kleidung länger als zwei Tage trage?
    
   ·wenn ich mehr als drei Zigaretten pro Tag rauche?
    
   ·wenn ich schon länger als 1 Jahr nicht mehr beim Zahnarzt war?
    
   ·wenn ich jeden Tag "Nudeln mit Ketchup" esse?
    
   ·wenn man Angst hat in öffentlichen Toiletten das Urinal zu benutzen?
    
   ·wenn ich mir mit 40 kein Auto leisten kann?
    
   ·wenn ich "tuckig" bin?
    
   ·wenn ich mich schon seit zwei Tagen nicht mehr geduscht habe?
    
   ·wenn ich heute mit einem Mann, morgen mit einer Frau, übermorgen wieder mit einem Mann usw. schlafe?
    

Die Liste ist unbegrenzt! Was ist normal? Wer legt Normalität fest? Wer kann von sich sagen, dass er/sie normal ist? Normal ist an und für sich ein mathematischer Begriff und heißt so viel wie "Durchschnitt". Bestimmte Gruppen von Menschen (z. B. die "Gesellschaft", aber auch z. B. die Familie) legen für sich fest, was für sie als "normal" gilt. Das ist in der Regel identitätsstiftend und gibt der jeweiligen Gruppe einen äußeren Rahmen. In der Regel legt diese Gruppe dann auch bestimmte Regeln fest, an die sich die Gruppe halten muss. Wir können andere besser annehmen und finden sie dementsprechend sympathischer, wenn wir das subjektive Gefühl haben: "Die oder der ist normal ("durchschnittlich"). Er/sie ist kein Exot und gehört keiner Randgruppe bzw. Minderheit an, die uns möglichweise suspekt ist und die in uns Angst auslösen könnte." Das Normale ist uns sympathisch, das "Unnormale" macht uns Angst. Wir haben Berührungsängste und damit Angst, Nähe zu diesem Gegenüber aufzubauen. Im Extremfall können paradoxe Ängste entstehen, die sich in Aggressionen ausdrücken und entladen können, die mitunter ein Symptom sein können für die unbewusste Unfähigkeit, die eigene Angst wahrnehmen, reflektieren und bearbeiten zu können, und gleichzeitig für den vorhandenen Wunsch nach Nähe, worin sich diese Paradoxie bemerkbar macht. Denn es ist leichter von der eigenen Angst abzulenken, nicht bei sich zu bleiben und sich nicht selbst fragen zu müssen, zu beobachten oder sich selbst auch mal selbstkritisch in Frage zu stellen. Es ist eben menschlich, emotional zu werden und sich zu echauffieren, d. h. aus sich heraus zu fahren, aus sich heraus zu bewegen ("aus der Haut zu fahren") und aggressiv zu werden, d. h. an jemanden gewaltsam heranzutreten und dabei nicht bei sich bleiben zu können. Viele Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang auch davon, dass sich die häusliche Wohnung sehr oft mit der inneren seelischen Situation spiegelbildlich verhält / korrespondiert. Mit anderen Worten: Herrscht in meiner Wohnung und in meinem Lebensumfeld Unordnung, dann herrscht auch Unordnung in meiner Seele (und umgekehrt!). Aus Angst vor dieser Unnormalität und der damit verbundenen Unfähigkeit, diese Angst durch Kontaktaufnahme und Berührung abzubauen, kann weitere Angst und im Extremfall auch eine daraus resultierende Gewaltspirale entstehen. Je größer das innere und damit auch das äußere Chaos, desto höher ist oftmals auch die Gewaltbereitschaft. In der Geschichte der Menschheit ist das sog. "Unnormale" schon oft ausgegrenzt, diskriminiert, sabotiert, isoliert, vergast, erhängt, gesteinigt, verbrannt worden. Dieses Verhalten basiert jedoch immer auf Angst, die sich xenophobisch im Extremfall durch kalte und kalkulierte Aggression zu entladen versucht. Dies ist auch der Grund, warum bestimmte Minderheiten immer wieder zu "Sündenböcken" abgeurteilt werden. Dies ist im Grunde genommen nichts Anderes als die Darbringung eines Opfers ("Sündenbock"), um von der eigenen Angst abzulenken, die in dieser von der Angst heimgesuchten Person bzw. in dieser Gruppe wildwüchsig wie ein Krebsgeschwür wuchert. Ich lenke damit von meiner Angst ab. Und da diese/r Unnormale mir eben unsympathisch ist, versuche ich ihn/sie (Hexen, Juden, Behinderte, Schwule, Ausländer, Flüchtlinge, Kranke, Andersgläubige, ethnische Minderheiten etc.) eben zu beseitigen, denn es herrscht die Auffassung, dass nur das "Normale" das "Normale" sei (um ein kleines Wortspiel zu verwenden...).

Wo hört Toleranz auf?

Toleranz hört dort auf, wo mein eigenes Recht auf körperliche Unversehrtheit angegriffen wird, oder auch dort, wo ich z. B. verbal beleidigt werde oder eben auch, wo ich von einer anderen Person oder von einer anderen gesellschaftlichen Gruppe diskriminiert werde.

Rainer Langlitz


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