Die Weihnachtsgeschichte in Lukas 2

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Die Weihnachtsgeschichte in Lukas 2

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Theologoumena · Sonntag 22 Nov 2020

Freude, Motivation und Stabilität: Die Weihnachtsgeschichte als Konfrontation zwischen Kaiser Augustus und Jesus...die Bedeutung von Lukas 2, 21-24

- Wie jüdisch ist die christliche Weihnachstgeschichte? Was bedarf es zum Frieden und zur Gerechtigkeit auf dieser Welt? -

Mit dem Advent beginnt das christliche Kirchenjahr.

Vier Sonntage vergehen bis zum Weihnachtsfest.

Siehe dazu Wikipedia in seinem Artikel "Weihnachten"...

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass durchgängig die Zitierung der Weihnachtsgeschichte bei Lukas 2 mit Vers 20 endet.

Vgl. Link bei Wikipedia, Artikel "Weihnachtsgeschichte":

Zitat:

"Als Weihnachtsgeschichte bezeichnet man die Erzählungen im Neuen Testament (NT) zur Geburt Jesu von Nazaret. Im engeren Sinn ist damit der Textabschnitt Lk 2,1–20 gemeint, der traditionell im christlichen Weihnachtsgottesdienst verlesen wird. Im weiteren Sinn sind alle Texte zur Kindheitsgeschichte oder Vorgeschichte Jesu im Matthäusevangelium und Lukasevangelium gemeint. Diese Geschichten werden im Christentum und darüber hinaus vielfältig rezipiert und dargestellt, etwa in Krippenbildern, Krippenspielen, Weihnachtskrippen und Weihnachtsfilmen. Eine einheitliche Weihnachtsgeschichte entstand erst aus der Zusammenführung, Harmonisierung und Deutung der unterschiedlichen biblischen Textmotive."

Zitat Ende.

Inwiefern sind aber die Verse 21 bis 24 für dieses zweite Kapitel des Lukas-Evangeliums und damit für die sog. "Weihnachtsgeschichte" von entscheidender Bedeutung?

Dr. Siegfried Zimmer, emeritierter Professor für Theologie, sieht in der Tatsache, dass die christliche Weihnachtsgeschichte im Vers 20 bereits zum Ende kommt und der Vers 21 dabei keine Berücksichtigung findet, einen Antijudaismus.

Inwiefern?

Man hat seiner Meinung nach das jüdische Beschneidungsritual von Jesus fernhalten und nicht in die christliche Weihnachtsgeschichte aufnehmen wollen.

Sehen und hören Sie hier seinen Vortrag:

Dr. Siegfried Zimmer nennt fünf Gründe, warum Vers 21 zwingend zu dieser Perikope hinzuzunehmen ist:

1.) Vers 21 würde alleine stehen.
2.) Alle Geburtserzählungen in der Bibel enden mit der Beschneidung und der Namensgebung.
3.) Der Name des Kindes, um das es sich handelt, wird erst in Vers 21 genannt.
4.) Die Erzählung ist nicht Hirten-zentriert, sondern Jesus-zentriert.
5.) Die Erzählung hat ein besonderes Aufbauprinzip. Es geht um eine Gegenüberstellung ("Konfrontation") zwischen Kaiser Augustus und Jesus:

Mit Kaiser Augustus begann nach langen Bürgerkriegsjahren eine neue Ära des Friedens (Pax Augustana / Pax Romana).

Es begann mit Augustus und seinem Prinzipat ein neues Säkulum.

Augustus wurde Retter und Erhabener genannt - Titel, die nur Göttern vorenthalten waren.

Augustus sorgte für Frieden, Wohlergehen und Stabilität.

Frieden kann nur eine Weltmacht bringen: Rom stellt sich hier als eine Friedens-bringende Weltmacht dar.

Er ließ den Tempel des Kriegsgottes Janus schließen und gab der Friedensgöttin Pax einen eigenen Tempel mit eigenen Priestern und einem eigenen Altar.

Augustus führte eine Reichsreform durch: den Census.

Dies war mitunter die mächtigste Tat des damaligen mächtigsten Mannes der Welt.

Der Census entspricht einer harten Steuer- und Finanzpolitik des Augustus.

Nur dadurch konnten u. a. die Staatsausgaben für diesen riesigen Apparat und für dieses Vorhaben des Augustus finanziert werden.

Die Geburt dieses Kindes "Jesus" fällt in diese Zeit des Augustus.

Lukas bringt damit zum Ausdruck, dass die Geburt dieses Kindes diesem Augustus gewachsen ist.

Inmitten einer Welt des Leidens und der Brutalität wird jenes Kind "Jesus" geboren.

Lukas beschreibt hier ein Gegenbild zu Kaiser Augustus.



Mit dem Advent Gottes kommt eine allumfassende Hoffnung in diese Welt.

Das, was Augustus darstellt, nämlich Retter und Friedensbringer zu sein mit den Mitteln der Brutalität und des Steuerabgaben-Zwanges, wird mit Jesus überboten:

Jesus ist der von Gott Inthronisierte:

Das verkündet der Engel des HERRN, der den Hirten zusammen mit den Engels-Heerscharen erscheint und jene frohe Botschaft verkündet:

"Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk gilt, denn geboren wurde euch heute der Retter, der der Gesalbte des HERRN ist, der HERR in der Stadt Davids."

Im Sinne der Bibel wird Jesus (!) zum Retter der Welt, der Frieden für die Welt bringt.

Ja, die Advents- und Weihnachtszeit ist eine besondere Zeit.

Die Adventszeit wird in aller Regel als Buß- und Vorbereitungszeit gesehen.

Die Weihnachtszeit ist im Anschluss an die Adventszeit die große Zeit der Freude!

Es werden Geschenke verteilt, und die Familien kommen mehr oder weniger in Harmonie zusammen.

Vergessen wir aber nicht:

Das Setting von Lukas 2 ist die Geburt eines Juden inmitten einer Welt des römischen Imperiums.

Die Zeit des Augustus war eine Zeit der Pax Romana mit vielen Kämpfen an den Grenzen des Imperiums.

Vergessen wir in einer Zeit des Friedens nicht die Kämpfe, Bürgerkriege und menschenverachtenden Kriege und Anschläge auf der Welt:

Frieden geschieht nicht durch Macht und Brutalität.

Frieden geschieht durch Gerechtigkeit, Stabilität und Wohlergehen für die Völker dieser Welt.

Denken wir in diesen Tagen besonders daran, wo wir im kleinen Umfeld unseres Lebens für Gerechtigkeit eintreten könn(t)en:

Fangen wir in unserem Herzen an: Es bedarf dazu einer inneren Freude, einer inneren Motivation und einer Stabilität.

Wir brauchen etwas, das uns stabilisiert.

Geld ist wichtig zum Erhalt des Lebens.

Aber es geht um eine gerechtere Verteilung des Geldes und um eine sinnvolle Steuer-, Finanz- und Ausgaben-Politik des Staates.

Steuer- und Finanzpolitik sollten von Gerechtigkeit geprägt sein.

Wir dürfen dankbar sein, dass wir in einem demokratischen System leben dürfen.

Wir sollten und dürfen das nie vergessen!

Die Anordnung des Augustus erfolgte als Erlass, als Befehl - aus Pflicht.

Wo Pflicht, Zwang und nur das Gesetz herrschen, ist meistens wenig (!) Liebe und Motivation.

Der Weg bei Lukas 2, 1 - 24 beschreibt eine tiefe Freude und eine tiefe Befreiung, die von den Engeln verkündigt wird. Es wird in Lukas 2, 1 - 24 ein Weg beschrieben vom Erlass und Gesetz des Augustus über die Engel und dessen Verkündigung hin zum Befolgen des göttlichen Gesetzes, nämlich der Beschneidung, der Schau im Tempel und der Reinigung.

Es heißt, Maria habe die Worte und das Geschehene in ihrem Gedächtnis und in ihrem Herzen bewahrt, bewegt und beherzigt: das Gedächtnis und das Herz als Ort des Denkens und der Liebe.

Ja, Frieden fängt bereits im Denken an!

Aus dem Denken werden Worte.

Aus Worte werden Taten.

Denken, Reden und Handeln bestimmen unser Menschsein.

Damit kommt dem Denken in dieser Welt eine besondere Bedeutung zu.

Zum Frieden und zur Gerechtigkeit auf dieser Welt bedarf es der Freude, der Motivation und der Stabilität.

Mit Augustus war diese Freude, Motivation und Stabilität bereits gekommen.

Die Geburt des Jesus fällt in diese Ära des Friedens und der Gerechtigkeit.

Durch die Verkündigung des Engels des HERRN wird jedoch Jesus zum wahren Retter und Bringer des Friedensreiches angekündigt.

Zur Wahrheit der christlichen Weihnachtsgeschichte, die wir in den nächsten Tagen und Wochen feiern und begehen, gehört auch, dass Jesus Jude war und bis zu seinem Tod Jude blieb.

Auch das gilt es immer wieder neu (!) zu bedenken.

Es sollte nicht mehr nur bei Lukas 2, 1-20 bleiben, sondern die Verse 21 - 24 gehören zu dieser Perikope zwingend dazu und dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Erst durch die Ergänzung der Verse 21 - 24 bekommt Lukas 2 sein ganzes Gesicht und seine ganze Wirkkraft.

Rainer Langlitz




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