Krieg und Frieden in der Welt: Die Rolle der menschlichen Aggression

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Krieg und Frieden in der Welt: Die Rolle der menschlichen Aggression

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Essays · Freitag 04 Mär 2022
Krieg und Frieden in der Welt: Die Rolle der menschlichen Aggression

Vorweggenommenes Resümee:

Wenn es dem einzelnen Menschen - vor allem den Männern - nicht gelingt, durch das Ausleben von Sexualität und Lust - in welcher Form auch immer - , sein Aggressionspotential zu verringern und niedrig zu halten, dann wird es immer wieder auf der Weltbühne aber auch auf zwischenmenschlicher Ebene zu Kriegen kommen:

Egal, ob es der Rosenkrieg, der Ehekrieg, der Weltkrieg oder der Bürgerkrieg ist.

Es muss gefragt werden: Was bringen eigentlich "Gebete" für den Frieden?

Vorausgesetzt, man glaubt an "Gott", sind Kriege nicht immer eine Enttäuschung für jeden Menschen, der betet?

Und sind Kriege nicht auch eine tiefe Enttäuschung für jeden (Mono-)Theisten, denn: wo ist denn dieser "Gott", wenn man IHN (Gott) denn durch Gebete zum Eingreifen bewegen könnte?

Wie ich bereits in einem meiner Bücher dargestellt habe, geht es für mich schon lange nicht mehr um die Theodizee-Frage, sondern es geht um die Anthropodizee-Frage:

Wie rechtfertigt sich der Mensch angesichts des unsäglichen Leidens, das sich Menschen gegenseitig zufügen ohne jeglichen gegenseitigen Respekt ("homo homini lupus est" - Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf)?

Inwiefern sorgen wir uns als einzelne Menschen darum, dass menschliches Leiden (aber auch Leiden im allgemeinen) minimalisiert wird?

Wie kann es also erklärt werden, dass selbst Christen, die an Jesus von Nazareth ("Jesus Christus", den sie als den Auferstandenen und gar als Sohn Gottes) glauben, selbst innerhalb der Kirchengeschichte mehrfach in den Krieg gezogen sind und sowohl aktiv als auch initiativ zur Waffe gegriffen und andere Menschen getötet haben?

Christinnen und Christen als Gruppe (Kirche) sind eben auch nur Menschen, und der Mensch ist eben nach Thomas Hobbes dem Menschen "ein Wolf", ein reißendes Tier, was im übertragenen Sinne für das potentiell destruktive Verhältnis der Staaten zueinander steht. Selbst Christen führten im dunklen Mittelalter Krieg:

Man erinnere sich an die Kreuzzüge (11. - 13. Jahrhundert), an den Schmalkaldischen Krieg und die Hugenottenkriege (16. Jahrhundert) und - nicht zu vergessen - an den Dreißigjährigen Krieg (17. Jahrhundert).

Nicht vergessen werden dürfen die Konkordate (Staatskirchenverträge zwischen den Kirchen und den weltlichen Mächten):

Als fatal hat sich dabei das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933 zwischen der röm.-kath. Kirche und dem Deutschen Reich unter Hitler erwiesen, denn durch den Konkordatsabschluss mit dem Heiligen Stuhl war es den Nationalsozialisten gelungen, viele ihrer Kritiker aus dem politischen Katholizismus vorläufig ruhigzustellen und das verbreitete Misstrauen von Teilen der katholischen Bevölkerung gegen den von ihnen als unchristlich und kirchenfeindlich angesehenen Nationalsozialismus abzuschwächen.

Insofern kooperiert auch Kyrill I. als Oberhaupt der russ.-orth. Kirche mit Putin, denn bislang hat sich Kyrill nicht kritisch gegenüber dem Angriffskrieg in der Ukraine und gegen das russische Putin-Regime geäußert oder gar in einem Friedensappell Putin zum Rückzug seiner Truppen aufgefordert.

Ja, man fragt sich an dieser Stelle:

  • Was bringen Friedensgebete?

  • Kann man mit der Friedensradikalität, die in der Bergpredigt des Jesus von Nazareth (vgl. Matthäus 5-7; sc. die "Seligpreisungen") angesprochen wird, oder zum Beispiel auch mit dem Pazifismus eines Gandhi Politik betreiben und regieren?

  • Wie gehen Christentum und Frieden zusammen?

  • Will das Christentum ein Friedenskatalysator sein oder will das Christentum weiterhin auch mit politischer Macht kollaborieren und liebäugeln, um selbst - und gerade in Russland - gut dazustehen?

  • Was wollen wir Menschen im Allgemeinen?

  • Welche Ziele haben wir Menschen eigentlich?

Kaum wollte unsere neue Außenministerin, Annalena Baerbock, - so hatte man den Eindruck  - außenpolitisch Klimapolitik betreiben, schon wird diese angestrebte und gut gemeinte Vorgehensweise einer ermöglichenden Zukunft für uns Menschen auf diesem Planeten Erde zunichte gemacht durch jenen Aggresor in Moskau - mehr noch: die Zukunft der Menschheit auf diesem Planeten steht abermals auf dem Spiel: Putin droht mit dem Atomkrieg - für uns noch nicht wissend, ob es eine Drohgebärde Putins gegen westliche Sanktionen ist oder ein weiterer Schritt in Richtung irrationaler Eskalation.

Stünde es der christlichen Kirche in Russland in diesem Moment der politischen Weltgeschichte nicht gut zu Gesicht, wenn sie versuchen würde, Putin zur Vernunft zu bringen, und wenn sie versuchen würde, mit Putin ins Gespräch zu gehen?

Eine humanitäre Katastrophe ist dieser Krieg im Osten Europas schon jetzt:

Menschen flüchten millionenfach aus ihrem Land und suchen Schutz in Polen oder der Slowakei. Bomben stürzen auf Gebäude und zwingen die Menschen in Kellern und Luftschutzbunkern Zuflucht zu suchen: Russische Soldaten töten ihre "Brüder" und führen den mörderischen Befehl Putins aus.

"Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin..." oder "make love, not war" - weiterhin eine Utopie?

Sind die Friedensappelle des Christentums für die Katz', um es salopp zu formulieren?

Muss oder will das Christentum mit der weltlichen Macht immer noch kooperieren, was sich bereits seit Konstantin dem Großen im 4. Jahrhundert n. Chr. fatal manifestierte?

Wie will sich also das Christentum ehrlich und realistisch positionieren?

Friedensappelle um jeden Preis in radikaler pazifistischer Einstellung scheinen angesichts der Kirchengeschichte nur schwer denkbar. Wie positioniert sich also das Christentum in der Frage "Krieg oder Frieden"?

Sollte es zu weiteren heftigen Eskalationen in diesem Russland-Ukraine-Krieg in Richtung atomarer/nuklearer Bedrohung kommen, wird der Menschheit wohl keine Zukunft gegönnt sein. An einem weltweiten Atomkrieg kann kein einzelner Mensch Interesse haben.

  • Was muss passieren, damit Menschen in Frieden wirtschaftliche Beziehungen pflegen und in Frieden Handel treiben können?

(nebenbei bemerkt: auch in wirtschaftlicher Hinsicht neigt der Mensch zur Aggression und zum Zwang: Stichtwort: Handelszölle und Handelskrieg).

  • Was muss passieren, dass in allgemeiner Weise das Aggressionspotential des Menschen - sowohl physisch als auch verbal - reduziert wird? Braucht der Mensch nicht nur caritativ mehr Liebe, sondern auch in erotischer Weise, und (bringen wir es auf den Punkt): Wieviel Sex dürfte dieser Aggressor Putin wohl haben? Mögliche Antwort: 1x im Jahr? 0x im Jahr? Auch daran könnte die röm-christliche Kirche schuldig geworden sein, wenn sie sich derartig sexualfeindlich positioniert, denn wir wissen ja ausgiebigst, wie wichtig Sexualität für den Aggressionsabbau ist.

Alles in allem attestiere ich hiermit also der christlichen Kirche kein gutes Zeugnis.

Jedoch - und das ist selbstverständlich - ist auch die Kirche lediglich ein Zusammenschluss von einzelnen Menschen.

Wenn es dem einzelnen Menschen - vor allem den Männern - nicht gelingt, durch das Ausleben von Sexualität und Lust - in welcher Form auch immer - , sein Aggressionspotential zu verringern und niedrig zu halten, dann wird es immer wieder auf der Weltbühne aber auch auf zwischenmenschlicher Ebene zu Kriegen kommen:

Egal, ob es der Rosenkrieg, der Ehekrieg, der Weltkrieg oder der Bürgerkrieg ist.


Rainer Langlitz


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