Gott als Heiliges Geheimnis

Direkt zum Seiteninhalt

Gott als Heiliges Geheimnis

Rainer Langlitz
Veröffentlicht von Rainer Langlitz in Theologoumena · Samstag 19 Sep 2020

Gott als Heiliges Geheimnis – oder die Frage: Ist Gott Mann oder Frau?

- Eine Untersuchung zum Gottesbegriff in der Bibel -

 
Inmitten einer patriarchalischen Welt entstehen u. a. ca. ab dem 9./8. Jh. vor unserer Zeitrechnung bestimmte Schriften, die Teil der Bibel – genau genommen der Hebräischen Bibel – sind.

Diese Zeit ist nicht nur patriarchalisch, sondern auch polytheistisch (bzw. henotheistisch) geprägt.

 
 
Wir finden Götterkulte vor:

 
 





 
 
 
Gott wird in jener patriarchalisch, heteronormativ, poly- bzw. henotheistischen Epoche maskulin gedacht.

 
 
Was bedeutet das?
   
a) Gott wird mit einem eifersüchtigen Ehemann angesichts der Untreue Israels verglichen. So enthalten die ersten drei Kapitel des Hosea-Buches drei Abschnitte, die Hoseas Ehe mit einer Hure bzw. Ehebrecherhin als Spiegel für Israels Untreue gegenüber seinem Gott (JHWH) darstellen (vgl. Hosea Kapitel 3). Vgl. dazu Lev. 20,10, wo der Ehebruch streng bestraft wird.

 
b) Der Gott JHWH führt mit der Göttin Aschera eine Ehe (vgl. die Beseitigung des Ascherakultes im 2. Buch des Buches der Könige im Kapitel 23) im Sinne einer poly- bzw. henotheistischen Mythologie.

Zitat aus Wikipedia, Art. Aschera, Aufruf vom 19.09.2020:

"Archäologische Funde lassen vermuten, dass Aschera von Israeliten als Ehefrau von JHWH verehrt wurde. So fand sich in der Karawanenstation Kuntillet 'Adschrud ein Vorratskrug (Krug A) aus dem 8. bis 7. Jahrhundert v. Chr. mit folgender Inschrift:

„… Ich habe Euch gesegnet durch JHWH und seine Aschera.

Amaryo sprach zu seinem Herrn: …

Ich habe dich gesegnet durch JHWH und seine Aschera.
Er möge dich segnen,
und er möge dich behüten,
und er möge sein mit meinem Herrn.“



Auf einem weiteren Pithos (B) wird JHWH von Teman seine Aschera erwähnt.

Auf einer Wand in Chirbet el Kom (nahe Hebron) fand sich folgende Inschrift:

„Uriyahu, der Reiche, hat dies geschrieben:
Ein Gesegneter ist Uriyahu durch JHWH -
aus seinen Bedrängnissen hat er ihn durch Aschera gerettet.
Durch Onyahu.“[12]"

Zitat Ende.

 
   
 
Welche Wörter stehen eigentlich für Gott in der Bibel?

 
 
1.) Hebräische Bibel

 
 
a) JHWH יהוה (Adonai)

 
 
Das J von JHWH steht für eine Verbform in der 3. Person maskulin Singular Präformativ-Konjugation (PK) einer hebräischen Wurzel innerhalb der Hebräischen Sprache. Beim Rezitieren der Hebräischen Bibelverse wird niemals versucht, das Tetragramm JHWH auszusprechen. Fromme Juden sprechen das Wort JHWH mit "Adonai" an dieser Stelle, wo JHWH steht, aus - keinesfalls wird das Tetragramm JHWH jedoch mit "Jehova" ausgesprochen.

Vgl. dazu die Szene im Film "Das Leben des Brian" unter folgendem Link:


Vgl. dazu auch Wikipedia, Art. "Masoretischer Text", Aufruf vom 21.09.2020:

Zitat:

"Der masoretische Text (von hebräisch מסורה masora: „Überlieferung“; abgekürzt M bzw. 𝕸, MT oder MasT) ist eine hebräische Textversion des Tanach, der hebräischen Bibel. Er ist Ergebnis der streng geregelten Bearbeitung älterer Bibel-Handschriften ungefähr in den Jahren 700 bis 1000 durch die Masoreten (Punktatoren, Nakdanim). Diese jüdischen Schriftgelehrten vokalisierten den seit Beginn des 2. Jahrhunderts fixierten Konsonantentext, markierten Varianten, andere Lesarten, Parallelstellen und vermutete Fehler mit besonderen Zeichen, die man als die Masora (Schreibweise auch Massora) zusammenfasst und die als textkritischer Kommentar verstanden werden können."

Zitat Ende.

Es galt die Ehrfurcht vor der Unaussprechbarkeit des JHWH.

Nur soviel sei vorweg genommen:

Diese hebräische Wurzel הוה beginnt mit einem "he", dem 5. Buchstaben im hebräischen Alphabet, und zählt zu den Kehllauten. Die Kehle ist im hebräischen Denken der Ort der Seele, des Lebens, des Atems und des Atmens (näfäsch). Vgl. dazu auch "Gustus", Schmecken und Schlucken als einer der 5 Sinne und vgl. dazu auch "Au-Gust-in".



Das "H" ist im Alt-Griechischen lediglich ein spiritus asper, ein "Hauch" bzw. auch "Geist". Vgl. dazu auch Ruach (feminin) und Genesis 2, 7 sowie Ruach Elohim in Genesis 1, 2. Der Buchstabe "H" existiert an sich nicht bzw. wird nur durch jenen Hauch in der Aussprache angedeutet. Das Französische und auch das Spanische ahmen dies noch heute nach bzw. erinnern daran, indem/dass diese beiden Sprachen das "H" etwa bei franz. "homme" (=Mann) oder bei span. "hombre" (=Mann) nicht aussprechen. Sie erinnern damit an jene "Unaussprechbarkeit". Im Lateinischen jedoch wird das "H" sowohl gesprochen als auch als Buchstabe geschrieben etwa bei dem Wort "homo" (=Mensch, Mann).

Im Hebräischen handelt es sich auch um ein Wort mit den beiden Konsonanten עﬦ (=Menschen, Leute, Volk). Der Vokal unter dem ersten Konsonant, "Ajin", ist als offenes "o" (=kamäz chatuf) zu verstehen, so dass hier ein "om" gelesen werden kann.

 
 
Wir werden dieses Wort "JHWH" vorerst nicht (!) übersetzen. Es wird jedoch zu erkennen sein, dass das "He" "WAW" "He" aus meiner Sicht sprachwissenschaftlich von hebräisch הוה im kal (=sein, werden, bleiben) kommt.

Das "Sein", das "Werden" kennen wir darüber hinaus auch als "om" aus dem Sanskrit.

Weiterhin ist das "om" (=eine/r, der/die ist) (Genitiv "ontos") kontextuell bekannt aus dem Partizip Präsens Aktiv von dem griechischen Infinitiv "einai" (= sein). Darüber hinaus ist das "om" Bestandteil des letzten Buchstabens innerhalb des griechischen Alphabets, nämlich "Om-ega".

Vgl. dazu auch die Ontologie.

"Ich bin, der ich sein werde." (vgl. dazu Exodus 3,14)




 
 
Elohim ist auch eine maskuline Pluralendung im sog. „status absolutus“. Die Plural-Endung weist auf den Henotheismus hin.
   
2.) Neues Testament
   
Das NT benutzt durchgängig das griechische Wort "ho theós“ (=der Gott) bzw. "ho kyrios" (der HERR).
 
   
Im 2. Buch Mose im Kapitel 3 bzw. im Kapitel 4 offenbart sich Gott dem Mose gegenüber in einem Dornbusch und sagt in etwa:
 
 
„Ich bin der ich sein werde.“ (vgl. Ex. 3,14)

 
 
Interessant ist dabei, dass das Aleph von Ex. 3,14 ("Ich bin, der ich bin" oder "ich bin, der ich sein werde") maskulin und (!) feminin sein kann: die 1. Person Singular der Präformativkonjugation (PK) ist im Hebräischen immer communis. Dabei steht das Aleph sowohl für eine Frau, die spricht, als auch für einen Mann, der spricht.

 
 
Mose sieht ja nun Gott nicht in jenem Dornbusch, sondern hört lediglich die Stimme Gottes.

 
 
Aber Gott spricht weiter zu Mose:

 
 
„So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Der "Ich bin" hat mich zu euch gesandt. 15 Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name in Ewigkeit, und das ist meine Benennung von Generation zu Generation. 16 Geh hin, versammle die Ältesten Israels und sprich zu ihnen: Jahwe, der Gott eurer Väter, ist mir erschienen, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und hat gesagt: Ich habe genau achtgehabt auf euch und auf das, was euch in Ägypten angetan worden ist, 17 und habe gesagt: Ich will euch aus dem Elend Ägyptens hinaufführen in das Land der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hewiter und Jebusiter, in ein Land, das von Milch und Honig überfließt. 18 Und sie werden auf deine Stimme hören. Und du sollst zum König von Ägypten hineingehen, du und die Ältesten Israels, und ihr sollt zu ihm sagen: Jahwe, der Gott der Hebräer, ist uns begegnet. So lass uns nun drei Tagereisen weit in die Wüste ziehen, damit wir Jahwe, unserm Gott, opfern! 19 Aber ich weiß wohl, dass der König von Ägypten euch nicht ziehen lassen wird, auch nicht durch eine starke Hand gezwungen. 20 Deshalb werde ich meine Hand ausstrecken und Ägypten schlagen mit all meinen Wundern, die ich in seiner Mitte tun werde. Danach erst wird er euch ziehen lassen. 21 Und ich werde diesem Volk Gunst geben in den Augen der Ägypter, und es wird geschehen, wenn ihr auszieht, sollt ihr nicht mit leeren Händen ausziehen: 22 Jede Frau soll von ihrer Nachbarin und von ihrer Hausgenossin silberne Schmuckstücke und goldene Schmuckstücke und Kleidung fordern. Die sollt ihr euren Söhnen und Töchtern anlegen und so die Ägypter ausplündern!
 
 
1 Da antwortete Mose und sagte: Und wenn sie mir nicht glauben und nicht auf meine Stimme hören, sondern sagen: Der HERR ist dir nicht erschienen? 2 Da sprach der HERR zu ihm: Was ist das da in deiner Hand? Er sagte: Ein Stab. 3 Und er sprach: Wirf ihn auf die Erde! Da warf er ihn auf die Erde, und er wurde zu einer Schlange, und Mose floh vor ihr. 4 Der HERR aber sprach zu Mose: Strecke deine Hand aus und fasse sie beim Schwanz! Da streckte er seine Hand aus und ergriff sie, und sie wurde in seiner Hand zum Stab: 5 Damit sie glauben, dass dir der HERR erschienen ist, der Gott ihrer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. 6 Und der HERR sprach weiter zu ihm: Stecke doch deine Hand in deinen Gewandbausch! Da steckte er seine Hand in seinen Gewandbausch. Und als er sie herauszog, siehe, da war seine Hand weiß von Aussatz, wie Schnee. 7 Und er sprach: Tu deine Hand wieder in deinen Gewandbausch! Da tat er seine Hand wieder in seinen Gewandbausch. Und als er sie aus seinem Gewandbausch herauszog, da war sie wieder wie sein übriges Fleisch. 8 Und es wird geschehen, wenn sie dir nicht glauben und nicht auf die Stimme des ersten Zeichens hören, dann werden sie doch wegen der Stimme des zweiten Zeichens glauben. 9 Und es wird geschehen, wenn sie selbst diesen beiden Zeichen nicht glauben und nicht auf deine Stimme hören, dann nimm vom Wasser des Nil und gieße es auf das trockene Land! Dann wird das Wasser, das du aus dem Nil nehmen wirst, auf dem trockenen Land zu Blut werden. 10 Mose aber antwortete dem HERRN: Ach, Herr! Ich bin kein redegewandter Mann, weder seit gestern noch seit vorgestern, noch seitdem du zu deinem Knecht redest; denn unbeholfen ist mein Mund und unbeholfen meine Zunge. 11 Da sprach der HERR zu ihm: Wer hat dem Menschen den Mund gemacht? Oder wer macht stumm oder taub, sehend oder blind? Nicht ich, der HERR? 12 Und nun geh hin! Ich will mit deinem Mund sein und dich unterweisen, was du reden sollst. 13 Er aber erwiderte: Ach, Herr! Sende doch, durch wen du senden willst! 14 Da entbrannte der Zorn des HERRN gegen Mose, und er sprach: Ist nicht dein Bruder Aaron da, der Levit? Ich weiß, dass er reden kann. Und siehe, er geht auch schon aus, dir entgegen. Und wenn er dich sieht, wird er sich freuen in seinem Herzen. 15 Dann sollst du zu ihm reden und die Worte in seinen Mund legen, und ich will mit deinem Mund und mit seinem Mund sein und will euch unterweisen, was ihr tun sollt. 16 Er aber soll für dich zum Volk reden. Und es wird geschehen, er wird für dich zum Mund sein, und du wirst für ihn zum Gott sein. 17 Und diesen Stab sollst du in deine Hand nehmen; damit sollst du die Zeichen tun.“

Zitat Ende.

 
 
Gott offenbart sich dem Mose als der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs im Sinne von JHWH, einem maskulin gedachten Gott. Man wird hier von einer recht jungen Entstehung dieser Textstelle ausgehen müssen. Sie setzt den Monotheismus voraus, der sehr wahrscheinlich erst nach dem Babylonischen Exil im Sinne der Anrede Gottes als Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs entstanden ist.

 
 
Gott lässt sich gegenüber Mose als JHWE erkennen, d. h. als männlich vorgestellter Gott.

   
In einer patriarchalisch geprägten Kultur wäre es nun unmöglich gewesen, von einem Hauptgott als einem weiblichen Gott im Sinne des Henotheismus oder gar im Sinne des Monotheismus zu sprechen.



 
 
Kommen wir nun zu einer weiteren alttestamentlichen Stelle. Sie steht bei Genesis im ersten Kapitel – genau genommen im Vers 27 (Gen. 1,27). Im ersten und zweiten Kapitel der Genesis geht es um die Schöpfungsmythologie. Es ist davon auszugehen, dass dieser Text das babylonische Exil voraussetzt. Der 7-Tagesrhythmus ist typisch für die alt-babylonische Kultur.

In Gen. 1,27 wird der Mensch nun als Ebenbild Gottes gesehen:

Es gibt Mann und Frau – also zwei (!) Geschlechter (vgl. Genesis Kapitel 1, Vers 27).

Genesis 1,1 – 2,3 beschreibt:

 
 
„1 Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. 2 Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. 3 Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht. 4 Und Gott sah das Licht, dass es gut war; und Gott schied das Licht von der Finsternis. 5 Und Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein Tag. 6 Und Gott sprach: Es werde eine Wölbung mitten im Wasser, und es sei eine Scheidung zwischen dem Wasser und dem Wasser! 7 Und Gott machte die Wölbung und schied das Wasser, das unterhalb der Wölbung, von dem Wasser, das oberhalb der Wölbung war. Und es geschah so. 8 Und Gott nannte die Wölbung Himmel. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein zweiter Tag. 9 Und Gott sprach: Es soll sich das Wasser unterhalb des Himmels an einen Ort sammeln, und es werde das Trockene sichtbar! Und es geschah so. 10 Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Ansammlung des Wassers nannte er Meere. Und Gott sah, dass es gut war. 11 Und Gott sprach: Die Erde lasse Gras hervorsprossen, Kraut, das Samen hervorbringt, Fruchtbäume, die auf der Erde Früchte tragen nach ihrer Art, in denen ihr Same ist! Und es geschah so. 12 Und die Erde brachte Gras hervor, Kraut, das Samen hervorbringt nach seiner Art, und Bäume, die Früchte tragen, in denen ihr Same ist nach ihrer Art. Und Gott sah, dass es gut war. 13 Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein dritter Tag. 14 Und Gott sprach: Es sollen Lichter an der Wölbung des Himmels werden, um zu scheiden zwischen Tag und Nacht, und sie sollen dienen als Zeichen und zur Bestimmung von Zeiten[12] und Tagen und Jahren; 15 und sie sollen als Lichter an der Wölbung des Himmels dienen, um auf die Erde zu leuchten! Und es geschah so. 16 Und Gott machte die beiden großen Lichter: das größere Licht zur Beherrschung des Tages und das kleinere Licht zur Beherrschung der Nacht und die Sterne. 17 Und Gott setzte sie an die Wölbung des Himmels, über die Erde zu leuchten 18 und zu herrschen über den Tag und über die Nacht und zwischen dem Licht und der Finsternis zu scheiden. Und Gott sah, dass es gut war. 19 Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein vierter Tag. 20 Und Gott sprach: Es soll das Wasser vom Gewimmel lebender Wesen wimmeln, und Vögel sollen über der Erde fliegen unter der Wölbung des Himmels! 21 Und Gott schuf die großen Seeungeheuer und alle sich regenden lebenden Wesen, von denen das Wasser wimmelt, nach ihrer Art, und alle geflügelten Vögel, nach ihrer Art. Und Gott sah, dass es gut war. 22 Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt das Wasser in den Meeren, und die Vögel sollen sich vermehren auf der Erde! 23 Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein fünfter Tag. 24 Und Gott sprach: Die Erde bringe lebende Wesen hervor nach ihrer Art: Vieh und kriechende Tiere und wilde Tiere der Erde nach ihrer Art! Und es geschah so. 25 Und Gott machte die wilden Tiere der Erde nach ihrer Art und das Vieh nach seiner Art und alle kriechenden Tiere auf dem Erdboden nach ihrer Art. Und Gott sah, dass es gut war. 26 Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich! Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen! 27 Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie. 28 Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen! 29 Und Gott sprach: Siehe, ich habe euch alles Samen tragende Kraut gegeben, das auf der Fläche der ganzen Erde ist, und jeden Baum, an dem Samen tragende Baumfrucht ist: es soll euch zur Nahrung dienen; 30 aber allen Tieren der Erde und allen Vögeln des Himmels und allem, was sich auf der Erde regt, in dem eine lebende Seele ist, habe ich alles grüne Kraut zur Speise gegeben. Und es geschah so. 31 Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der sechste Tag. 1 So wurden der Himmel und die Erde und all ihr Heer vollendet. 2 Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte. 3 Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an ihm ruhte er von all seinem Werk, das Gott geschaffen hatte, indem er es machte.“

 
 
Zitat Ende.

 
 
Gott erschafft den Menschen als Mann (isch) und Frau (ischah).

 
 
Woraus wird die Gefährtin Adams erschaffen? Die Frau (ischah) erschafft Gott aus dem Adam selbst. Es besteht hier die Frage, ob hier Adam ein Eigenname im Sinne einer männlichen Person ist oder ob hier mit Adam der Mensch in seiner Gattung im Sinne von „Menschheit“ gemeint ist. Wenn nun die Gattung (also Mann und Frau) gemeint ist, wieso wird dann aus Adam noch eine Gefährtin erschaffen? Wie ist hier Adam also zu verstehen? Sicherlich wird hier eine Konnotation zum hebräischen Begriff der „Adamah“ hergestellt.

 
 
Allerdings ist festzustellen, dass Gott in Genesis nicht etwa eine Frau als erstes erschafft, sondern einen "Mann".

 
 
 
Wenn nun Gott ein Mann ist und er zuerst einen Mann erschafft, was bedeutet das?

 
 
Wenn nun Gott eine Frau wäre, und er zuerst einen Mann erschafft, was bedeutet das?

 
 
Wenn Gott weder noch wäre, was bedeutet das nun wiederum?

 
 
Isolde Karle äußert sich zu Gen. 1, 27 in einem Interview folgendermaßen:

 
 
Zitat:

 
 
"Übrigens: Auch Adam war zunächst kein Mann, sondern ein sexuell undifferenziertes Erdgeschöpf. Ein Hermaphrodit, wenn man so will, weil er ein einziges Menschenexemplar darstellte, das sich einsam fühlte. Erst dadurch, dass die Frau aus diesem Erdgeschöpf geschaffen wird, entsteht auch der Mann, wird aus „Adam“ „isch“ und „ischah“ (hebräisch), also Mann und Frau. Schon dieses Wortspiel, aber auch die Erzählung selbst unterstreichen die Ähnlichkeit von Mann und Frau – nicht die Gegensätzlichkeit der Geschlechter wie in der Neuzeit. So ist Adam nach der Geschlechtsumwandlung verblüfft, wie ähnlich ihm Eva ist und ruft mit Freude aus: „Sie ist Bein von meinem Bein!“ Es gibt insofern gute Gründe, diese Texte nicht mit der streng dichotomen neuzeitlichen Optik zu lesen, wie dies in der Regel geschieht, und vor allem: diese für eine natürliche Ordnung zu halten.
 
   

Was bedeutet es dann für Sie, dass Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen hat?


 
 
Isolde Karle:

Die Pointe dieser Bibelstelle kommt erst im nachfolgenden Satz zur Geltung. Dort heißt es: „Zum Bilde Gottes schuf er sie“. Mann und Frau sind beide zum Bild Gottes geschaffen. Nicht nur der Pharao, wie in der altorientalischen Königsideologie üblich, darf oder kann Gott repräsentieren, sondern alle. Alle Menschen sind Bild Gottes und sollen Gottes Willen in der Welt zum Ausdruck bringen. Nicht die Gegensätzlichkeit der Geschlechter, sondern diese allumfassende Perspektive steht hier im Vordergrund."

 
 
Zitat Ende.


Ich würde hier an dieser Stelle Frau Karle widersprechen wollen, wenn sie hier von einem Hermaphrodit spricht. Vielmehr sehe ich hier eine zu treffende Unterscheidung zwischen dem Wort Adam als Eigenname (= Adam) und als Gattungsbegriff (=Mensch).


Warum ist es denn wichtig, das Geschlecht einer Person zu definieren als Mann bzw. als Frau im Sinne des "Genus"?

Zunächst kannten wir bisher das Geschlecht von "Mann" und "Frau". Wir unterschieden diese beiden "Genera" in ihren äußeren Geschlechtsteilen bzw. -merkmalen. Heute wissen wir, dass sich manche Menschen quasi auch als sozusagen "drittes" Geschlecht als Transgender verstanden haben wollen. Wir sprechen deswegen heute auch oft nicht mehr von "Genus" (=Geschlecht), sondern von "Gender" oder auch von einem "Gender-Bewusstsein".

Zitat aus Wikipedia, Art. "Gender", Aufruf vom 21.09.2020:

"Als Gender ([ˈdʒɛndɐ]; Lehnwort aus dem Englischen) oder soziales Geschlecht werden Geschlechtsaspekte zusammengefasst, die eine Person in Gesellschaft und Kultur beschreiben, in Abgrenzung zu ihrem rein biologischen Geschlecht (englisch sex). In den Sozialwissenschaften untersuchen die Gender Studies (Geschlechterforschung) seit dem Ende des 20. Jahrhunderts das Verhältnis der Geschlechter zueinander, ihre unterschiedlichen Geschlechterrollen und die soziokulturelle Geschlechterordnung."

So fühlen sich manche Männer, die äußerlich männliche Geschlechtsteile und -merkmale aufweisen, als Frauen und umgekehrt:
Frauen, die äußerlich weibliche Geschlechtsteile -bzw. merkmale aufweisen, fühlen sich tatsächlich eher als Mann.

Hier sind die Grenzen nicht mehr definierbar.

Trotzdem wünschen sich viele Transgender eine Umoperation hin zu einem eindeutigen männlichen bzw. weiblichen Körper.

Vgl. dazu den Kino-Film mit dem Titel "Romeos" und unter dem folgenden YouTube-Link:



Können wir Gott überhaupt als Person im Sinne eines Mannes oder einer Frau denken?


Ist das nicht zu menschlich gedacht im Sinne der anthropomorphen Götterkritik Xenophanes?

 
Gott ist ein heiliges Geheimnis.

 
Zitat aus folgendem Link:



 
 
"Schon Karl Rahner sagte:

 
 
"Gott ist ein heiliges Geheimnis."

 
 
"Ist Gott eine Frau? Silvia Arzt Nein, Gott ist weder Frau noch Mann, sagt die Sprachwissenschaftlerin: Das germanische Wort guda, Vorläufer des Wortes Gott, war sachlich. Es bezeichnete ein "göttliches Wesen ", weder weiblich noch männlich. "Liebes Gott", mögen unsere Vorfahrinnen gebetet haben, "mach dass es ein Mädchen wird!" Natürlich nicht, sagt ein Bauer aus dem Mühlviertel: Gott ist doch klarerweise ein Mann: Wir beten doch beim Gewitter zum Kruzifix im Herrgottswinkel und danken dem Himmelvater im Herbst für die reiche Ernte. Ein Gottmädchen! Das gibt es doch gar nicht, kommentiert Tobias eine Kinderzeichnung, in der Gott als ein großes Mädchen dargestellt ist, ganz bunt, im Himmel wohnend, und viele bunte Vögel fliegen herum. Nun, heute nicht mehr, sagt die feministische Archäologin. Aber früher, da war Gott ganz klar eine Frau. Ich habe viele Bilder und Statuen von Göttinnen gefunden. Gott ist keine Frau und kein Mann, überhaupt keine Person, sagen manche Theologinnen. Gott ist Beziehung und Gott ist in der Beziehung von Menschen, wenn diese gerecht ist und zum Handeln für Gerechtigkeit antreibt. Ach, ich weiß nicht richtig, was ich glauben solI - aber ich glaube schon, dass es ein höheres Wesen oder eine höhere Macht gibt, sagen viele Menschen in Europa. Ja, Gott ist eine Frau, sagen manche Mädchen und malen Gott als Indianerin mit langen Haaren, als Frau mit ausgebreiteten Armen im blauen Kleid, lachenden Augen und einer Krone auf dem Kopf. Nein, Gott ist ein Mann, sagen manche Jungen und malen Gott als Mann, der die Erdkugel in seinen Armen hält, als bärtigen Mann, rotgekleidet, auf einem Thron sitzend, einen Bischofsstab in der Hand, umgeben von leuchtend gelben Engeln. Oh ja, denn als Gott den Mann erschuf, übte sie nur! Sagen feministische Frauen und verstören ihre Kollegen. Das ist die falsche Frage, sagen manche Theologen: Wer Gott ist, das kann kein Mensch sagen, weil sich das Transzendente der Aussagbarkeit entzieht. Schon Karl Rahner sagte: "Gott ist ein heiliges Geheimnis."

 
 
 
In den einzelnen Quellenschichten der (Hebräischen) Bibel wird Gott mehr und mehr vermenschlicht gedacht.

 
 
Wie können nun und nur die Frage stellen: "Wie könnte er sein?"

Bekommen wir darauf jedoch eine gesicherte Antwort?

Welche Autorität gesteht man der Bibel zu angesichts einer religionswissenschaftlichen Analyse zum Gottesbegriff und seiner Entstehung ausgehend vom Polytheismus?

 
 
Hier ist jede Menge Raum für Spekulation und für persönliche Interessen gegeben.

 
 
Auf biblischer Ebene (!) scheint mir (!) der Befund zur Frage eines möglichen Geschlechtes Gottes allerdings eher zum maskulinen zu tendieren. Hier wird in einer patriarchalisch-heteronormativen Weise von Gott gesprochen.

 
 
Dennoch bleibt es mit Gen 1, 27 – einer Stelle, die kompositionell bzw. redaktionell an den Anfang der Bibel gesetzt wurde - zu sagen:

 
 
Der Mensch ist Ebenbild Gottes. Der Mensch ist mindestens Mann und (!) Frau.

 
 
Auch hier bleibt die Bibel letzten Endes in sich ein Mysterium – ein heiliges Geheimnis! Und Gott erstrecht ..."und das ist auch gut so!" (K. Wowereit)


Vgl. dazu auch einen Beitrag im "Spiegel" unter folgendem Link:



 
 
Wie ist es mit "Abba" (im Deutschen etwa: „Papa, lieber Vater“) im Neuen Testament?


Hätte Gott - provokativ gefragt - auch eine Tochter in die Welt kommen lassen können?


Wieso "nur" ein Sohn?


Welche Rolle und Bedeutung spielt hier in diesem Zusammenhang erneut die patriarchale Welt?


Zusammenfassung:

1.) Das, was wir im Judentum und im Christentum als Gott bezeichnen, wird m. E. in der kompletten Bibel männlich gedacht und präsentiert. Dafür gebe ich einige Hinweise und Argumente.

2.) Das Tetragram JHWH יהוה (Adonai) ist m. E. eine Verbform, bei der das  J von JHWH für eine Verbform in der 3. Person maskulin Singular  Präformativ-Konjugation (PK) der hebräischen Wurzel הוה innerhalb der Hebräischen Sprache steht. Diese hebräische Wurzel הוה im kal heißt ins Deutsche übersetzt: "sein, werden, bleiben". Das "Sein", das "Werden" kennen wir darüber hinaus auch als "om" aus dem Sanskrit.

Weiterhin  ist das "om" (=eine/r, der/die ist) (Genitiv "ontos") kontextuell   bekannt aus dem Partizip Präsens Aktiv von dem griechischen Infinitiv   "einai" ( = sein). Darüber hinaus ist das "om" Bestandteil des letzten   Buchstabens innerhalb des griechischen Alphabets, nämlich "Om-ega". (Vgl. dazu auch die Ontologie!)

Für die Übersetzung des Tetragrams bedeutet dies, dass JHWH יהוה in etwa so viel bedeutet wie "er ist" bzw. "er wird sein". (Vgl. dazu auch Exodus 3,14: "Ich bin, der ich sein werde.").

3.) Gott ist m. E. weder (!) als Mann noch (!) als Frau zu denken. Das germanische Wort guda, Vorläufer des Wortes  Gott, war sachlich. Es bezeichnete ein "göttliches Wesen ", weder weiblich noch männlich. Wer oder was Gott ist, das kann kein Mensch sagen, weil  sich das Transzendente der Aussagbarkeit entzieht. Schon Karl Rahner  sagte: "Gott ist ein heiliges Geheimnis."

Last but not least:

4.) Wieso sprechen wir in der Bibel - etwas provokativ gefragt - vom "Sohn Gottes"? Wieso "nur" bzw. wieso "gerade" ein Sohn? Welche Rolle und welche Bedeutung spielen hier in diesem Zusammenhang erneut die patriarchale Welt und insofern also die Sichtweise der damaligen Menschen? Ist die "Sohn-Theologie" Ausdruck der patriarchalen Welt von damals? Ich persönlich muss sowieso sagen, dass ich diese Form der Theologie des Christentums, Jesus von Nazaret als "Sohn Gottes" zu bezeichnen, ablehne, auch wenn es so in der Bibel zu lesen ist.


Rainer Langlitz


Es gibt noch keine Rezension.
0
0
0
0
0

Zurück zum Seiteninhalt